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Brief eines Rekruten vom Lande (Tirol)
Liebe Mutter, lieber Vater:
Mir geht's gut. Ich hoffe Euch, Annemarie, Klaus, Karl, Willi, Sigrid,
Peter und Hans auch. Sagt Karl und Willi dass beim Heer sein, jede
Landarbeit um Längen schlägt. Sie sollen sich schnell verpflichten,
bevor alle Plätze voll sind.
Zuerst war ich sehr unruhig weil man bis fast um 6 Uhr im Bett bleiben
muss, aber nun gefällt mir das mit dem lange ausschlafen. Sagt Karl und
Willi man muss nur sein Bett richten und ein paar Sachen vor dem
Frühstück polieren.
Keine Tiere füttern, kein Feuer machen, kein Stall sauber machen oder
Holz hacken... praktisch gar nichts. Die Männer müssen sich rasieren,
aber das ist nicht so schlimm, es gibt nämlich warmes Wasser.
Das Frühstück ist ein bisschen komisch, mit jeder Menge Saft, Getreide,
Eier, aber dafür fehlt völlig Kartoffeln, Schinken, Steaks und das
andere normale Zeug, aber sagt Karl und Willi man kann immer neben
irgendwelchen Städtern sitzen, die nur Kaffee trinken und das Essen von
denen mit deinem eigenen hält dann bis zum Mittag, wenn es wieder was
zu essen gibt.
Es wundert mich nicht, das die Jungs aus der Stadt nicht weit laufen
können. Wir gehen viel auf "Überlandmärsche" von denen der Vizeleutnant
sagt, das langes Laufen gut ist für die Abhärtung. Na ja, wenn er das
glaubt, als Rekrut kann ich da nichts gegen sagen. Ein "Überlandmarsch"
ist ungefähr so weit wie bei uns zum Postamt, aber wenn wir da sind,
haben die Städter wunde Füße und wir fahren alle in LKWs zurück.
Die Landschaft hier im Burgenland ist schön aber fast ganz flach. Der
Vizeleutnant ist wie unser Lehrer. Er nörgelt immer. Der Hauptmann ist
wie der Bürgermeister. Majore und Oberste fahren viel in Autos und
gucken komisch, aber sie lassen einen völlig in Ruhe.
Und jetzt das Beste. Das wird Karl und Willi umbringen vor Lachen:
Ich kriege Auszeichnungen für`s Schießen! Ich weiß nicht warum. Das
Schwarze ist viel größer als ein Rattenkopf und bewegt sich nicht mal
und es schießt auch nicht zurück, wie die Laubrunner Brüder mit dem
Luftgewehr.
Alles was du machen musst ist, dich bequem hinlegen und es treffen.
Man muss nicht mal seine eigenen Patronen machen. Sie haben sie schon
fertig in Kisten.
Dann gibt's noch "Nahkampfausbildung". Du kannst mit den Städtern ringen.
Aber ich muss sehr vorsichtig sein, die gehen leicht kaputt. Ist viel
leichter als den Stier zu bändigen. Ich bin am besten darin, außer
gegen den Voller Sepp, der hat genau am gleichen Tag angefangen wie
ich, aber ich hab nur einmal gegen ihn gewonnen.
Das wird daran liegen das ich mit meinen 65 Kilos nur 1,70 m bin und er
mit seinen 2 Metern und 120 Kilos ist halt schwieriger.
Vergesst nicht Karl und Willi schnell Bescheid zu sagen bevor andere
mitkriegen wie das hier läuft und uns die Bude einrennen.
Alles Liebe,
Eure Tochter Maria |
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