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Der Kuß Auch wenn es nicht Winter war, so war es dennoch kalt. Besonders zu dieser frühen Abendzeit. Schnee war gefallen, lange ist es her, dennoch zeugen die vielen weißen Tupfer auf den Straßen von der urtümlichen Macht des Frühlings, der noch ein wenig dem sterbenden Winter nachtrauert. In der Eisdiele war es warm. Und noch labt man sich an den Ergebnissen der Heizung. Als dann noch 2 ungeliebte Neuankömmlinge hinzutreten ist es aus, mit dem herzlichen Frühjahrsgemüt während diesem mehr für den Winter typischen Abend. So macht man sich schnellen Entschlusses aus dem Haus, hinaus in die Kälte. Draußen werden die eilig übergestülpten Jacken noch mal schnell zugeknöpft. Zum Glück weht nicht noch ein eisiger Wind ins Gesicht, mag sich der ein oder andere Akteur dieser Szene denken. Langsamen Fußes setzt man sich in Bewegung, zu der noch unerkennbaren Bushaltestelle. Ein Tier hätte sofort eine gewisse Anspannung unter dem ein oder anderen dieser seltsamen Menschen gespürt, die in keinerlei Mimik oder Gestik wiederzufinden ist, sondern alleine in der Luft zu spüren ward. Man nähert sich gediegen der Haltestelle, die noch nichts ahnend den ruhigen Abend genießt. Unscheinbar wirkt sie – weiß sie ja nicht welch bedeutsame Szene sich gleich unter ihrem Dach abspielen sollte. Man setzt sich hin, auf die kalten, aber wenigstens trockenen Hölzer der Sitzbank. Ein wenig Zeit bleibt noch bis der Abschied kommt. Doch mit jeder Sekunde die verrinnt wird es enger. Enger für die erste Erfahrung in der wunderschönsten Sache dieses tristen Planeten. Trotz langem Geduldsfaden, wird die einzig männliche Person dieser Szenerie, immer ungeduldiger. Wie sehr hat er sich gewünscht. Wie sehr hat er sich erhofft. Und nun nur noch wenige Minuten. Gelegentlich fragt er zögerlich, nach dem: „Wann denn nun?“ Und nach einer schieren Ewigkeit ist der Moment gekommen, an dem jemand die Initiative ergreift. Doch nicht dieser junge wackere Held ist es. Nein, sie ist es. Diese anmutende Gestalt. Jung an Jahren, doch mit weitaus mehr Erfahrung. Unvermittelt steht sie auf. Geht einen Schritt nach vorne, dreht sich um und geht den einen Schritt zurück, auf ihn. Im stehen ist sie nur ein Stück größer wie er im sitzen und daher ist es für sie auch nicht sehr schwer sich nur ein kleines Stück nach vorne zu beugen. Ihr Kopf neigt sich leicht zur Seite und ihre Lippen berühren die seinen. Die ersten Lippen, die wegen so etwas wie Liebe, die seinen berühren. Seine Augen schließen sich, um dem Gehirn den Genuss in vollster Gefühlsgüte darzubieten. Langsam öffnen sich beide Lippenpaare um den Zungen ein noch viel schöneres Vergnügen zu bereiten. Genießerisch lange – schier eine Ewigkeit – verharren die beiden Personen so und nur Lippen, Mund und Zunge bewegen sich. Äonenlang erstrecken sich die wenigen Sekunden, die sich Kuß nennen. Äonen in denen Welten erschaffen werden und gleich wieder zerstört. Äonen in denen Zeit nur eine Illusion ist. Äonen die doch nur wenige Sekunden sind. Und dennoch verharrt die Welt in diesen Sekunden, hält den Atem an, und lässt nicht zu das auch nur das kleinste Detail diese Szene zunichte macht. Und auch wir lassen die beiden besser jetzt alleine mit sich, denn noch immer steht sie vor ihm, während er sitzt, und sich beide küssen. Selbst heute noch ist diese Szene Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zugleich. Verdammt dazu, niemals zu enden. Damit die schönste Sache dieser Welt nichts zerstören kann... |
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